Nicht mehr alleine

Liebe Mädels, liebe Lesende

Schon lange kenne ich die Seite GWHF, schon lange habe ich den Wunsch mit euch einen schönen Abend zu verbringen. Das ist auch voll gelungen und nun könnte der Bericht schon fertig sein. Das ist aber nicht der Zweck, ich soll euch meine Eindrücke mitteilen und etwas von mir preisgeben. Jetzt wird’s schwierig.

Beginnen wir doch von vorne: nachdem ich mich mehr schlecht als recht durch mein Leben schmuggelte, ist mir eben dieses Leben vor etwas mehr als zwei Jahren so tüchtig um die Ohren geflogen. Aufgeflogen als Sarah, Job weg, aus der Beziehung und Wohnung geflogen. Mein Fazit: wann, wenn nicht jetzt! Steh endlich zu dir und lass endlich zu, dass du anders bist und  anders sein darfst. Doch so einfach war es dann eben auch nicht. Die Zusammenarbeit mit meiner Psychologin beginnt zu fruchten. Meine Weiblichkeit erobert ihren schon längst verdienten Platz.

Im März 22 habe ich es dann endlich geschafft, mich für einen Abend anzumelden in dieser schönen Location. Der Herrgott meinte es allerdings anders und schickte mich erstmal nach einem Schlaganfall ins Spital. Da hatte ich auch Zeit um nachzudenken. Das GWHF-Treffen musste also warten. Dieses Ereignis hat mir dann endgültig gezeigt, wohin die Reise von nun an geht. Ich lebe jetzt als Frau. Bin nun komplett geoutet bei Familie, Freunden und am Arbeitsplatz. Endlich. Ich denke nun lauter über Namensänderung und Hormontherapie nach.

Für den August-Termin meldete ich mich erneut an mit gleichzeitiger Reservation
eines Zimmers. Die Vorfreude war gross. Die Nervosität auch. Beides wurde grösser, je näher der Termin kam. Schliesslich beruhigte ich mich, ich war ja nicht allein. Oh Gott, ich kenne die alle ja nicht, wie werde ich aufgenommen und so weiter und so fort. Die Gedanken kreisten.

Ich habe mich schon zuhause zurecht gemacht und habe die Fahrt dann so richtig  genossen. Und mich dann richtig, richtig auf die Mädels und den Abend gefreut. Die Begrüssung auf der Terrasse ist dann auch herzlich ausgefallen. 20 Namen wurden genannt, von denen ich 5 Minuten später einige nicht mehr richtig zuordnen konnte – bitte verzeiht mir, ich gelobe Besserung.

Schon lange nicht mehr habe ich einen Abend so sehr genossen wie diesen in eurer Mitte. Ich durfte so sein wie ich bin, wie ich mich fühlte und mein Aussehen ist auch nicht durchgefallen. Keine schrägen Blicke, sondern ein sehr schönes Willkommensgefühl wie ich es schon lange nicht mehr erleben durfte. Und vor allem keine Fragen, welche Toilette ich nun nehme. Tiefe, gute und lustige Gespräche wurden geführt. Da gibt es ja noch mehr Menschen mit ähnlichen Geschichten.

Jede musste sich dem Leben stellen. Beeindruckend die Geschichten von euch, beeindruckend wie ihr damit umgeht. Es bestärkt mich, diesen Weg mit Freude und Mut weiterzugehen. Dafür danke ich euch allen von ganzem Herzen. Raus gehe ich ja schon lange – Shoppen, Einkaufen, Essen, Wanderungen und Ausflüge. Vielleicht von nun an nicht mehr alleine, vielleicht mal mit einer von euch. Und ich schliesse diesen Bericht mit Tränen in den Augen aber auch in grosser Vorfreude auf das nächste Treffen.

Sarah